Letzte Aktualisierung dieser Seite: 13.04.2024
Sept. 2009: Offroad-Downhill mit dem Trike
Eine Bewährungsprobe für die Bergfähigkeit des Trike stellte u. a. die Zweipässe-Tour in den Süd- Dolomiten 2010 dar. Von Moena (1200 m) im Fassa Tal über Pso. di Valles (2031 m) und Pso. San Pellegrino (1919 m), wobei die Auffahrt von Falcade zum Pso. San Pellegrino mit durchschnittlich etwa 15% Steigung und vielen engen Serpentinen (Bild) eine Herausforderung darstellte.
Die Technik des Liegerades sollte stimmen ...
Direkt vom Händler war das KMX Viper ein reines Spaßgerät. Das heißt, es war für den Alltagseinsatz (Straßenverkehr) nicht wirklich geeignet. Für die geplante Verwendung (Touren) wurde der Komfort und die Sicherheit mit den folgenden Maßnahmen verbessert:
Den Sitz mit einer Klimamatte und einer zusätzlich unterlegten Schaumstoffmatte polstern. Diese Maßnahme dient gegen das Schwitzen des Rückens und schützt die Wirbelsäule gegen Druck und Vibrationen, wie sie vor allem auf unbefestigten Wegen auftreten.
Eine Trinkflaschen-Halterung passte seitlich unter den Sitz. Für die zuverlässige Befestigung am Sitzrahmen haben sich Schlauchschellen bewährt.
Gepäcktaschen-Halterungen sind nicht nur für lange Touren unverzichtbar. Das Gewicht des Gepäcks verbessert nebenbei die Traktion des Antriebsrades. Die Gepäcktaschen sollten robust und wasserdicht sein, denn sie fangen den von den Vorderrädern hochgeschleuderten Dreck ein. Die Original KMX Gepäcktaschenhalterungen hatten sich jedoch auf Reisetouren mit viel Gepäck als zu schwach erwiesen. Alle Schweißnähte brachen während der D-Tour 2011 nacheinander ab.
Die bessere Wahl ist deshalb ein normaler Gepäckträger wie er an Tourenrädern montiert wird. Dazu hat sich der Topeak TubularRack Gepäckträger bewährt. Die vorderen Haltestreben können so gebogen werden, dass sie an das Befestigungsloch für eine Kopfstütze passen und der Gepäckträger absolut steif montierbar ist. Etwas problematisch sind die beiden unteren Befestigungsschrauben (M5). Sie müssen eine genau passende Länge haben da sie andernfalls der Kette oder Bremsscheibe im Wege sind.
Das Übersetzungsverhältnis mit der standardmäßigen Schaltung reicht für das sportliche Fahren kaum aus. Hier ein Link zu den Bike Tipps mit Infos zum Thema Schaltung und Gesundheit - Trittfrequenz.
Eine kompromisslose Lösung stellt der Austausch des Hinterrades gegen ein neues mit einer 'SRAM DualDrive' Nabenschaltung dar. Mit den jetzt vorhandenen 3 x 3 x 9 Gängen ergibt sich ein übersetzungsverhältnis von über 1000%, was fast doppelt so viel wie bei einem normalen MTB ist. Das reicht, um zum Beispiel entweder mit 80 Kurbelumdrehungen pro Minute extreme Steigungen in Schrittgeschwindigkeit gemütlich hochzukurbeln, oder auf leichten Gefällestrecken ohne wilde Strampelei mit 50 km/h zu fahren. In vielen Fällen reichen jedoch bereits die 3 Gänge der Nabenschaltung aus. Sie können im Stand geschaltet werden um nach einem Ampelstop leichter anzufahren und los zu sprinten.
Eine preiswertere Alternative zur DualDrive stellt das Auswechseln von Kettenrad und Ritzelpaket dar. Damit kann ein Übersetzungsverhältnis von 700% erreicht werden. Das serienmäßige 44er Kettenrad kann relativ einfach gegen ein 48er (oder 50er) ausgewechselt werden, wobei der Umwerfer zurück versetzt werden muss. Das mittlere Kettenrad tauscht man bei der Gelegehnheit gegen ein größeres mit z. B. 36 Zähnen aus. Das kleine 22er benötigt man nur für extreme Steigungen.
Diese Maßnahme verhilft bei hohen Geschwindigkeiten zu niedrigeren Trittfrequenzen. Noch größere Kettenräder, wie sie bei Rennrädern verwendet werden erfordern den Austausch der gesamten Kurbel einschließlich Tretlager, da größere nur in 5-Arm-Ausführung verfügbar sind. Für eine etwas noch bessere Bergfähigkeit könnte das 32er Ritzelpaket gegen ein 34er ausgewechselt werden.
Eine lohnende Tuning-Maßnahme ist der Austausch des Schaltzuges für den hinteren Kettenumwerfer gegen einen abgedichteten Low Friction Schaltzug. Auf Grund der verringerten Reibung kann viel schneller und präziser geschaltet werden. Des Weiteren wird die Gefahr des Einfrierens und Rostansatzes am Schaltzug verhindert.
Die Kette der KMX Viper hat die Länge von fast 3 normalen Fahrradketten. Im Originalzustand wird sie über 3 Umlenkrollen geführt (2 auf der Zugseite, 1 auf der rücklaufenden Seite). Auf unebenen Untergrund oder bei Schlaglöchern springt die rücklaufende Kette gelegentlich aus der Umlenkrolle (vor dem Sitz) heraus und verklemmt sich. Abhilfe bringt der Ersatz der Umlenkrolle durch ein von vorne bis hinten führendes Kunststoffrohr. Nachteilig ist dabei das etwas lautere Kettengeräusch. Das Kunststoffrohr kann durch vorsichtiges Erwärmen mit einem Föhn so gebogen werden, dass die Kette optimal in das Rohr einläuft. Bei neueren KMX Rahmen wurden die Kettenführungen stark verändert, so dass die Probleme mit den Umlenkrollen behoben sind.
Die Kugellager der Umlenkrollen halten nicht ewig. Sie sind nur unzureichend gegen das Eindringen von Wasser geschützt, so dass sie spätestens beim nächsten Frost zerstört werden. Preiswerte Kugellager waren bereits nach 1000 km defekt. Als robust haben sich Kugellager erwiesen, wie sie bei In-Line-Skatern Verwendung finden.
Für das Fahren auf glattem Untergrund sind Reifen mit hohem Luftdruck (> 3 Bar) gut. Aber Schlaglöcher, Kopfsteinpflaster und Schotterwege verderben den Spaß. Nach einigen Experimenten haben sich Bollonreifen (Schwalbe Big Apple) als die beste Wahl erwiesen. Diese Ballonreifen kann man bereits mit 1,5 Bar fahren, wobei sie (fast) eine Federung ersetzen und trotzdem leicht laufen. Sie haben ein relativ glattes Profil, aber ein Reifen mit MTB-Profil auf dem Hinterrad lohnt sich nicht wirklich. Dessen bessere Traktion macht sich auf losem Untergrund so gut wie gar nicht bemerkbar. Er gräbt sich lediglich tiefer ein.
Unbedingt empfehlenswert sind Schutzbleche. Die Original KMX Schutzbleche sind jedoch nur für max. 2,1 dicke Reifen an den Vorderrädern passend.
Wenn man viel auf unbefestigten Wegen unterwegs ist, dann brechen in Folge der Vibrationen die Halterungen der Vorderrad-Schutzbleche. Ich habe die aus Alu-Röhren gefertigten Halterungen durch massives Material ersetzt und die Befestigungsstellen an den Schutzblechen mit Kunstharz verstärkt.
Die Schutzbleche der Vorderräder müssen möglichst weit nach unten reichen um zu verhindern, dass die Arme mit Dreck vollgeschleudert werden. Die Original KMX Schutzbleche lassen sich gut mit den "SKS Spoiler Pro" verlängern.
Austausch der serienmäßigen mechanischen Scheibenbremsen an den Vorderrädern gegen hydraulische. Sie haben die Vorteile eines viel feinfühligeren Ansprechens, der gleichmäßigeren Bremswirkung, sowie der selbständigen Nachstellung.
Eine derartige Bremsanlage gibt es im Handel nicht fertig zum Nachrüsten (ein Händler verweigert mir z.B. den Verkauf einer derartigen Bremsanlage aus Gründen der Produkthaftung). Erfahrung und handwerkliches Geschick war deshalb zur Eigenhilfe notwendig. Im Bild ist der aus einem massiven Alu-Klotz hergestellte Bremsdruck-Verteiler zu sehen. Das sorgfältige Entlüften der Bremsanlage ist zwingend notwendig. Auf Grund der komplexeren Hydraulik-Konfiguration ist die Entlüftung relativ aufwendig. Die kleinste Luftblase würde dazu führen, dass der Hub des Bremshebels nicht ausreicht, um einen ausreichend hohen Bremsdruck zu erzeugen. Vor jeder Fahrt sollte man prüfen, dass der Bremshebel bei voller Kraftausübung nicht bis zum Handgriff durchgezogen werden kann.
Nach diesem Umbau können Vollbremsungen das Trike nicht mehr so leicht aus der Spur bringen, auch wenn dabei das Hinterrad abhebt. Das Problem der ungleichmäßigen Bremswirkung auf Grund unterschiedlicher Untergründe oder verschmutzter oder feuchter Bremsen bleibt jedoch. Das zuletzt genannte Problem kann mit geeigneten Bremsscheiben abgemildert werden. Diese verfügen dank langer Schlitze über einen Selbstreinigungseffekt (Sweep Clean). Die so umgebaute Bremsanlage hat allerdings auch eine deutlich aggressivere Bremswirkung. Der Bremshebel muss sehr feinfühlig bedient werden. Bereits bei Schritttempo kann man mit zwei Fingern eine Vollbremsung hinlegen, wobei das Hinterrad spektakulär abhebt und das Trike einen "Kopfstand" macht.
Die mechanische Hinterradbremse blieb aus Gründen der Redundanz (zunächst) erhalten, sie war als Parkbremse unverzichtbar. In Notfällen hatte die serienmäßige Hinterradbremse auf langen steilen Downhills keine ausreichende Standfestigkeit. Nach 300 m mit 15% Gefälle wird die Bremsscheibe so heiß, dass die Bremswirkung nicht mehr ausreicht um die Geschwindigkeit ausreichend niedrig zu halten. Eine deutliche Verbesserung ergab sich durch Austausch der 160 mm Bremsscheibe gegen eine mit 203 mm Durchmesser. Allerdings muss damit auch erheblich feinfühliger gebremst werden um ein Blockieren des Hinterrads zu vermeiden.
Eine lohnende Investition stellt der Einbau eines "Low Friction" Bremszugset dar. Auf Grund der stark verringerten Reibung kann das Hinterrad sehr feinfühlig gebremst werden.
Nachtrag 2014: Die Bremsbeläge waren zu erneuern. Dabei musste ich feststellen, dass eine komplette fertig vormontierte hydraulische Bremse kaum mehr kostete wie die Ersatzbremsbeläge für die mechanische Bremse. Keine Frage, dass das Hinterrad jetzt auch hydraulisch gebremst wird. Ein Gummiring über dem Bremsgriff tut es genau so gut als Parkbremse. Und das regelmäßige Nachstellen hat auch ein Ende ...
Nichts ist für die Ewigkeit, nach vier Jahren und mehr als 30.000 km war das Ende der VIPER gekommen, siehe Das NEUE Liegerad
Nach diesem Tuning kann man das Trike KMX Viper wohl als "Mountaintrike" bezeichnen. Strecken mit 20% Steigung oder Gefälle sind kein Problem, so lange der Untergrund ausreichend fest ist ...