Überarbeitung: 27.05.2024
Profil des 12. Tag, über das Pfundererjoch (28 km, 1700 Hm).
Der Weg über das Pfunderer Joch (2580 m) ist zweifellos einer der anstrengensten Abschnitte einer Alpenüberquerung. Doch das alleine sollte nicht reichen. Das Wetter war alles andere als ein Vergnügen. Es war der naßkalte Wahnsinn!
Wer diese oder eine vergleichbare Tour plant, der sollte keinesfalls mit weniger Training, schlechterer Ausrüstung oder gar bei noch schlechterem Wetter starten! Dieser Bericht soll auch nicht als Anreiz zu einem Abenteuer, sondern vielmehr als Warnung verstanden werden! Ausgerechnet an diesem Tag fanden an der Zugspitze zwei Sportler den Tod. Was zeigt, wie schnell man im Gebirge auch mitten im Sommer in Gefahr geraten kann.
Am Vortag war ich bereits bis Pfunders (1150 m) hinauf gefahren. In der Nacht gab es ein schweres Gewitter. Es war richtig unheimlich, denn es läuteten um Mitternacht die Kirchenglocken. Am Morgen hatte der Regen etwas nachgelassen, aber eine Wetterbesserung war nicht in Sicht. Der Start dieser Etappe war von purem Optimismus geprägt.
Von Pfunders aus im Tal hinauf (Bild 1) bis in die Nähe von Dun. Hier darf man den Weg Nr. 17A (1550 m) zur Weitenbergalm nicht verpassen (grüne Schranke und Wegweiser, Bild 2). Wegen des Regens habe ich kaum rechts und links des Weges schauen können, und schon gar nicht auf die Karte oder mein Navi. Deswegen hatte ich den Abzweig erst einmal übersehen.
Der Weg Nr. 17A führte nach einem kurzen Stück oberhalb der Duner Klamm (Bild 3) relativ steil hoch. Am Ende der Klamm passierte ich das erste Viehgatter (ca. 1700 m). Etwa 400 m weiter ein Wegweiser zur Weitenbergalm, den man als Biker aber unbedingt ignorieren sollte, der so ausgeschilderte Pfad wird nach ein paar hundert Metern immer unpassierbarer, er ist von Rindern zertrampelt und zugewuchert. Auf dem Fahrweg kommt man schneller voran, auch wenn die Ausschilderung verunsichert.
Nach ein paar weiteren Viehgattern und Bachdurchquerungen kam ich zur Weltenbergalm (1950 m). Wegen des Dauerregens sah es hier nicht besonders einladend aus. Also weiter! Spätestens ab hier begann eine "Kuhfladen-Rallye". In der sumpfigen Mulde (Kreata) musste ich mich rechts halten. Der weitere Wegverlauf war an vielen Stellen nur an der Dichte der Kuhfladen und an den Wassermengen zu erkennen, die einem in den erodierten Pfaden entgegen kam. Der Pfad war extrem stark ausgewaschen, relativ steil und war wegen der Wassermassen kaum begehbar, ganz zu Schweigen davon, dass er befahrbar war. Entgegenkommende Wanderer meinten, dass es besser sei umzukehren. Der Weg sei weiter oben unpassierbar, da ein Bach über die Ufer getreten sei. Umkehren?
Nach dieser Steigung kam ich in eine Hochebene (ca. 2270 m, Bild 5) mit einem Bach, dessen Überquerung wegen des Hochwassers wirklich eine echte Herausforderung war. Ohne Bike konnte man mit ausreichend Anlauf hinüberspringen. Aber mit dem Bike hatte ich keine Chance! Das Durchfahren oder Schieben war unter diesen Bedingungen absolut unmöglich.
Ich hatte bereits 10 Minuten lang vergeblich eine geeignete Stelle gesucht, als eine Gruppe Biker in Gegenrichtung ankam. Sie reichten sich die Bikes gegenseitig herüber und halfen mir anschließend. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal dafür bedanken! Anderfalls hätte ich wohl durch das knietiefe und eiskalte Wasser waten müssen.
Unter dem Vordach einer Hütte konnte ich mir trockene und wärmere Klamotten anziehen. Ohne ausreichende Ersatzkleidung wäre es echt kritisch geworden!
Nach weiteren etwa 2,5 km konnte man Schneereste auf dem Pfunderer Joch (Bild 6) erkennen. Die letzten 200 Höhenmeter bis dort oben waren die reinste Schinderei. Der sandige Untergrund und die merklich dünnere Luft zehren gewaltig an der Kondition.
Der Weg hinunter ins Pfitschtal war glücklicherweise etwas angenehmer. Ich konnte das Bike rollen lassen und musste nur an ein paar Stellen absteigen um einen Bach zu queren. Besonders abenteuerlich war die Überquerung des Großbergbaches in etwa 2180 m Höhe. Eine große Steinplatte lag hier recht wackelig auf einem dünnen Holzpfahl.
Ab der Großbergalm (1930 m) begann ein etwa 3 km langer relativ steiler Schotterweg, der bis nach Fußendross (1390 m) hinunter führte. Ich bekam vom Dauerbremsen fast einen Krampf in den Fingern. Man sollte (unter diesen Bedingungen) nur mit einem Bike fahren, das mit standfesten Scheibenbremsen ausgerüstet ist! Andernfalls könnte es sehr gefährlich werden ...
Unten im Pfitschtal fand ich nach etwa 2 km (zwischen Kematen und Grube) im Hotel Kranebitt eine empfehlenswerte Übernachtungsmöglichkeit. Der Preis war unter Berücksichtigung der gebotenen Leistung wirklich akzeptabel. Die Sauna war das beste Mittel um mich vor gesundheitlichen Folgen dieses naßkalten Abenteuers zu schützen.