Ich hatte bereits zwei Monate zuvor die Hin- und Rückreise gebucht und mich auf den Besuch meiner Mutter gefreut. Doch – wie diese Geschichte zeigt – schafft es die Bahn immer wieder einem die Freude am Reisen zu verderben. Allem Umweltbewusstsein zuwider kommt einem nach derartigen Erlebnissen in den Sinn, für die nächste Reise ein Flugzeug zu benutzen.
Fahrten nicht möglich
Etwa zwei Wochen vor Beginn der Reise erhielt ich mehrfach Nachrichten mit dem Betreff „Fahrplanänderung„. Sie besagten, dass die Fahrten nicht wie geplant möglich seien und ich alternative Verbindungen auswählen solle. Der entsprechende Link im Bahnportal führte jedoch ins Leere, so dass ich mir die Alternativen manuell suchen musste. Die Fahrzeiten erhöhten sich bei allen Verbindungen um etwa eine Stunde, weil öfters umgestiegen werden musste.
Obwohl die ursprünglich gebuchten Fahrten nicht möglich waren, konnten die kostenpflichtigen Reservierungen der Sitzplätze weder geändert noch storniert werden. Ich fuhr deswegen zum nächsten Bahnhof, um die Reservierungen dort am Schalter korrigieren zu lassen, was erstaunlicherweise problemlos und freundlich erledigt wurde.
Eine „fast“ problemlose Hinfahrt
Mein Sohn sollte mich zum Bahnhof Wolfratshausen fahren. Ich war soeben noch damit beschäftigt die letzten Dinge für die Reise einzupacken, als er mich damit aufschreckte, dass wegen eines Erdrutsches keine Bahnfahrt ab Wolfratshausen möglich sei.
Es war ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Wegen der dadurch bedingten Zeitverzögerung bestand jetzt das Risiko, dass ich den Anschlusszug in München verpassen würde. Also fuhren wir mit dem Auto zu einem anderen Bahnhof in Richtung München.
Obwohl die ursprünglich gebuchte Fahrt nicht möglich war, erhielt ich auf dem Handy ständig Nachrichten von der „Reisebegleitung“ zu einer Phantom-Reise. Ich fand in der BahnApp keine Möglichkeit, um diesen Spuk zu beenden.
Der letzte Umstieg in Paderborn war echt spannend, denn aufgrund der üblichen Verspätung hatte ich anstatt zehn nur null Minuten Zeit für den Umstieg. Ich musste dabei mit dem Koffer von Bahnsteig 2 die Treppen runter und wieder rauf zum Bahnsteig 5 rennen. Unzählige Leute versperrten mir dabei den Weg. Geschafft! Ich konnte meiner Schwester eine WhatsApp senden, dass sie mich wie geplant am Zielbahnhof abholen kann.
Chaos bei der Rückreise
Der IC von Paderborn bis Kassel war voll besetzt. Dank meiner Reservierung hatte ich jedoch einen Sitzplatz. Die Verspätung wurde mit den langen Ein- und Ausstiegszeiten entschuldigt. Man kann es nicht verstehen, dass die Bahn seit über hundert Jahren noch immer so enge und steile Einstiege verwendet.
Während des Umstiegs in Kassel wurde der ICE, für den ich eine Sitzplatzreservierung hatte mit einer Verspätung angekündigt. Ein anderer ICE fiehl jedoch aufgrund technischer Probleme völlig aus. Eigentlich gab es für mich keinen Grund, deswegen etwas schlimmes zu befürchten. Verdächtig war jedoch im Nachhinein, dass sich der Bahnsteig immer mehr füllte.
Zu früh gefreut!
„Mein“ ICE lief mit etwa einer halben Stunde Verspätung ein. Das Einsteigen war fast nicht möglich, weil der Gang im 1. Klasse Großraumabteil mit am Boden sitzen Personen blockiert war. Mein reservierter Sitzplatz war auch blockiert. Die daruf sitzende Person antworte mir patzig, dass Sitzplatzreservierungen nicht gelten würden. Es herrschte ganz offensichtlich die Anarchie. Das Bahnpersonal hatte keine Chance um für Ordnung zu sorgen. In der Erwartung drei Stunden lang stehen zu müssen habe ich mich lieber auf meinen Koffer gesetzt. Eine Bahnfahrt wie in der dritten Welt.
Während der Fahrt erfolgte eine Durchsage, dass man aufgrund der Überfüllung beim nächsten Halt in Fulda aussteigen solle und den nachfolgenden ICE nach München benutzen solle.
Der ICE hielt in Fulda an. Ich konnte jedoch nicht erkennen, dass merklich viele Personen den ICE verließen. Auch die Person auf dem von mir reservierten Platz nicht, weil sie unbedingt den Anschlusszug erreichen müsse. Ich aber wollte so schnell wie möglich heraus aus diesem Chaos- und Anarchie-Zug und mühte mich mit meinem Koffer über die am Boden sitzenden Personen zum Ausstieg.
Draußen, also wenn ich bereits auf dem Bahnsteig war, hörte ich die Durchsage, dass der ICE nur dann weiterfahren würde, wenn ausreichend Personen den Zug verlassen hätten. Weil außer mir kaum weitere Personen ausstiegen, warte der ICE dann wirklich noch fast eine halbe Stunde lang. Auch wenn ich noch nicht wusste, wie ich weiterkommen würde, konnte ich mir eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen.
Die richtige Entscheidung
Nachdem der Chaos-ICE endlich weiterfuhr, lief der nachfolgende ICE ein. Endlich war entspanntes Reisen möglich, denn in der 1. Klasse waren ausreichend freie Plätze vorhanden. Die meiste Zeit hatte ich zwei Sitzplätze für mich und vom Service konnte ich mir einen Kaffee an meinen Platz bringen lassen. Allerdings kam ich erst gegen 18 Uhr in München an. Gemäß meiner ursprünglichen Buchung wäre ich bereits um kurz nach 15 Uhr angekommen.
Fazit
Die Verspätungen und die überfüllten Zuge sind eine Folge der jahrzehntelangen falschen Verkehrspolitik. Das Bahnpersonal ist mit derartigen Situation völlig überfordert. Die „Reisebegleitung“ war ein schlechter Witz, anstatt Alternativen aufzuzeigen wurden nur Hinweise für eine Phantom-Reise geliefert. Aber auch die Sturrheit der Reisenden trug viel zum Chaos bei. Die überfüllten Züge sind letztendlich nichts anderes wie die Staus auf der Autobahn.