Begegnungsfahrt

Anfang des Jahres erreichte mich eine Anfrage, ob ich bereit sei, die Begegnungsfahrt 2024 von MS-Betroffenen zu unterstützen.

Die mehrtägige Fahrrad-Begegnungsfahrt der Multiple Sklerose Selbsthilfegruppe „mit-MS-aktiv“ sollte Ende August im Bereich des Starnberger Sees sowie unter anderem direkt an meiner Haustür vorbei führen. Ich kenne zwei MS-Fälle im näheren Bekanntenkreis, so dass ich spontan meine Hilfe zusagte. Die etwa 30 Teilnehmer:innen waren überwiegend mit Liegedrei- und Spezialrädern unterwegs.

Sonja und ich mit unseren Liegerädern

Im Juni traf ich mich mit Andre, dem Organisator der Begegnungsfahrt und seiner Frau Sonja zu einer Probefahrt der möglichen Routen im Süden des Starnberger Sees. Die Route sollte unter anderem im Bereich der Osterseen führen. Wir hatten jedoch die Rechnung ohne die Mücken gemacht. Unendlich viele Mücken überfielen uns, so dass wir das Gebiet schnellstens verlassen mussten und eine andere Route auswählen.

Am Dienstagabend vor der Begegnungsfahrt war ich zu einem ersten Treffen mit den Teilnehmern mit anschließenden Grillabend in der MS-Klinik in Kempfenhausen am Starnberger See eingeladen. Ein Arzt der Klinik berichtete zunächst über das Thema „MS und Sport“. Als Fazit des Vortrags blieb bei mir hängen, dass es sehr wichtig sei, trotz gesundheitlicher Einschränkungen ständig aktiv zu bleiben, damit der Körper nicht weiter abbaut.

Start in Kempfenhausen

Die eigentliche Begegnungsfahrt starte am Mittwochmorgen. Ich musste dazu zunächst etwa 20 km mit meinem Fahrrad zur MS-Klinik fahren. Ich, als Ortskundige sollte die Tour leiten. Damit hatte ich nicht wirklich gerechnet und mein Navi nicht dabei, aber ich kannte mich ja auch so aus. Die geplante Route führte an diesem Tag über etwa 30 km am Ostufer des Starnberger Sees entlang.

Hinter mir eine etwa hundert Meter lange Schlange von Fahrrädern, meistens waren es Liegerräder mit Elektromotor. Aber auch einige Fahrräder ohne Motorunterstützung, auf die Rücksicht genommen werden musste. Wir wurden von weiteren Helfer:innen unterstützt, um z.B. Straßen abzusichern. Die Verständigung erfolgte über Sprechfunkgeräte, wobei ich die Durchsagen wie „Radfahrer / Auto von hinten“ auf die Dauer nervig waren.

Als Tourenleiterin am Ufer des Starnberger Sees

Die Mittagspause sollte in einer Gaststätte in der Nähe des Uferwegs stattfinden. Ich kannte die Zufahrt zur Gaststätte von früher. Doch als ich dorthin abbiegen wollte, wurde ich überstimmt, so dass wir zunächst auf der Uferstraße weiterfuhren. Nach einigen hundert Metern kam dann die Einsicht, dass ich doch recht hatte und alle 30 Radfahrenden umkehren müssten. Anschließend wurde festgelegt, dass nur ich alleine die Route zu bestimmen habe.

Die Tagesetappe endete an der Südspitze des Standberger Sees, wo die Liegeräder in einer Halle untergestellt werden konnten und die Teilnehmer mit dem Bus zurück zur MS-Klinik in Kempfenhausen gefahren wurden. Ich fuhr von dort die etwa 20 km bis nach Hause.

etwa 30 Fahrräder hinter mir

Ab dem zweiten Tag wählte ich mein Liegerad, selbstverständlich mit einer Regenbogenfahne, wofür ich viel Lob erhielt. Zunächst musste ich am Morgen wieder bis zum Endpunkt der ersten Etappe fahren. Ich befürchte zu spät am Treffpunkt anzukommen, doch dann musste ich etwa eine viertel Stunde auf den Bus mit den Teilnehmern warten. Die Route dieses Tages führte zurück bis in meinem Heimatort, so dass ich die Route vom Vorabend her bestens kannte.

ein Handbike hinter mir

Unterwegs fuhren einen Abstecher zu einem Hersteller von Handbikes (Spezialrad mt Antrieb per Handkurbel, siehe Bild).

Weiterfahrt bis zum örtlichen Cafè. Die Bedienung meinte mir gegenüber „dich kennen wir doch„. Ja, denn ich hatte dort erst vor einigen Wochen mit meiner Familie meinen Geburtstag gefeiert. Auch wenn ich so wieder einmal erfuhr, dass ich als Transfrau bekannt wie der „bunte Hund“ bin, freute ich mich über die Bemerkung.

Die Tagesetappe endete am örtlichen Bauhof, wo alle Liegeräder ungestellt werden konnten und die Teilnehmer wieder mit dem Bus zur MS-Klinik in Kempfenhausen gefahren wurden. Ich hatte es an dem Tag nicht weit bis nach Haus.

Pause zum Aufschließen in den Isar-Auen an der Wolfratshauser Flößerlände

Am dritten Tag der Begegnungsfahrt führte die Route ab Wolfratshausen an der Isar entlang bis nach Grünwald. Zu Mittag eine Einkehr in der Nähe von Kloster Schäftlarn. Danach stand ein Anstieg mit etwa 60 Höhenmeter aus dem Isartal bevor. Die Befürchtung, dass wir Begleiter:innen dabei einige Teilnehmer:innen schieben mussten, erwies sich als unbegründet, denn alle schafften den Aufstieg ohne Hilfe. Am Ende der Steigung eine Rastpause, wobei es viel Aplaus für die tolle Leistung, besonders der ohne Motorunterstützung fahrenden gab. In Grünwald waren alle in einem Begegnungs-Café eingeladen.

Für mich stand jetzt die etwa 30 km lange Heimfahrt bevor. Nachdem ich den ganzen Tag relativ langsam fahren musste, habe ich mir bei der Heimfahrt den Spaß gegönnt, so schnell wie möglich mit dem Liegerad zu fahren. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit betrug etwa 24 km/h. So schnell war ich schon lange nicht mehr mit einem Fahrrad unterwegs!

in der Großhesseloher Brücke

Am vierten und letzten Tag der Begegnungsfahrt führt die Route zunächst auf dem Isar-Hochuferweg bis zur Großhesseloher Brücke, von wo aus die Aussicht aus etwa 30 Meter Höhe hinunter auf die Isar bestaunt werden konnte. Weiter auf der anderen Seite der Isar bis Buchenhain, durch den Forstenrieder Park bis Buchendorf, wo die Einkehr für das Mittagessen erfolgte. Auf der letzten Etappe ein Abstecher zur Villa Rustica (aus der Römer-Zeit) und über Holzstege durch das Leutstetter Moor.

Gruppenfoto vor der MS-Klinik, ich bin ganz rechts mit meinem Liegerad

Die Etappe endete nach 33 km an der MS-Klinik in Kempfenhausen, wo einige Gruppenfotos gemacht wurden und anschließend der Abschluss der Begegnungsfahrt mit Kaffee und Kuchen gefeiert wurde. Vor mir lagen danach etwa 20 km für die Heimfahrt vor mir.

Während dieser vier Tage war ich etwa 250 km mit dem Fahrrad unterwegs. Es war somit eine relativ sportliche Woche für mich, zumal ich am folgenden Sonntag noch einmal etwa 60 km als Tourenleiterin zur Schronbach-Alm unterwegs war.

Die Begegnungsfahrt war ein echtes Erlebnis für mich, ich hätte wirklich etwas verpasst, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Das betraf vor allem die mir gegenüber ausgesprochene Dankbarkeit der MS-Betroffenen.

Zur Erinnerung an diese Tour habe ich ein leuchtend gelbes Radler-Shirt mit der Aufschrift „Starnberger See 2024″erhalten.