Man kann das derzeitige hin und her wegen des Corona Impfstoffes und des schleppenden Impffortschritts fast nicht mehr ertragen. Ich hatte gehofft, dass ich vor dieser Problematik verschont bleiben würde. Ich wollte nur möglichst schnell geimpft werden, damit wieder normale Zeiten einkehren.😏
Aber bei uns muss alles kompliziert sein …
Die Online-Registrierung
Aufgrund der ständigen schlechten Nachrichten zum Impffortschritt hatte ich nicht mit einem kurzfristigen Impftermin gerechnet und mich deswegen auch erst relativ spät für die Impfung registriert.
Während der Registrierung sollen verschiedene Fragen zu Erkrankungen beantwortet werden. Aufgrund der medizinischen Fachausdrücke kann jedoch kein Normalbürger die Fragen wirklich richtig beantworten. Ich wusste nicht, ob und wie ich Angaben zu meinem Tumor und meiner Hormontherapie machen sollte. 😒
Auch die Angabe einer Handy-Nummer war Pflicht. Ich besitze zwar ein Handy, aber es ist während des Lockdown relativ nutzlos, da ich daheim keinen Funkempfang habe. Ohne diese Angabe war keine Online-Registrierung möglich.
Wer nur, hat sich diesen Schwachsinn ausgedacht?
Der Anruf
Umso größer war meine Überraschung, als ich etwa zwei Wochen nach meiner Registrierung über mein Festnetztelefon ein Anruf vom Impfzentrum erhielt. Man wollte mit „Claudia“ sprechen
– ja, die bin ich
– oh
– ob ich einen Impftermin am folgenden Tag annehmen möchte?
– Ja, gerne 😊
Fast im gleichen Moment piepte mein PC, weil eine Email mit der Terminbestätigung ankam. Dann wurde mir noch erklärt, was ich alles mitzubringen habe.
Ich ließ alle Arbeit liegen, um mich auf den Impftermin vorzubereiten. Ich suchte dazu auch die Beipackzettel meiner Medikamente. Schande über mich, ich las sie das erste Mal. In einem dieser Zettel stand, dass in sehr seltenen Fällen Thrombosen auftreten können. Genau davon stand doch jetzt auch so oft etwas als Nebenwirkung der Impfungen in den Medien.😮
Ich war glücklich
Ich war jedoch glücklich, dass ich so unverhofft schnell geimpft werde. Meiner Kollegin schrieb ich, dass ich sie vor Freude umarmen könnte 🤗, was vom Home-Office aus leider nicht möglich war. Sie antwortete: „sei gedrückt“.😊
Meine Schwester gab mir den Rat, mich so anzuziehen, dass ich ganz schnell den Oberarm frei machen könne. Dazu müsst ihr wissen, dass meine Schwester in einem Impfzentrum arbeitet und oft daran verzweifelt, wenn sie mitansehen muss, wenn vor allem Männer es nicht schaffen, sich schnell aus- und anzuziehen. Hat ihnen ihre Mama das nicht gelernt?🙄
Viel Aufregung um Nichts
Der Tag der Impfung war gekommen. Ich war etwas aufgeregt, obwohl es eigentlich keinen wirklichen Grund dafür gab. Wahrscheinlich war ich auch nur deswegen aufgeregt, weil nach einem halben Jahr Lockdown endlich etwas anderes passierte.
Endlich hatte ich wieder einen Grund für ein schönes Make-up. Mit viel Haarspray gelang es mir meine Lockdown Frisur 👩🦱 zu bändigen.
Ich traute meinen Augen nicht
Eine halbe Stunde vor meinem Termin fuhr ich los zum etwa 10 km entfernten Impfzentrum. Glück gehabt, denn ich fand einen der letzten freien Parkplätze. Riesige Banner wiesen den Weg zum Eingang des Impfzentrums (ein ehemaliges Krankenhaus).
Dort angekommen traute ich meinen Augen nicht.😯 Ich musste mich am Ende einer langen Schlange einreihen. Das konnte dauern! Damit es den Wartenden nicht langweilig wurde, verteilten Security-Leute Aufklärungsmerkblätter zur Schutzimpfung. Zu meinem Glück gab es keine weiteren Schneeschauer, denn ich hatte keinen Regenschirm dabei.
Nach etwa 10 Minuten hatte ich mich mit der Menschenschlange bis zum Eingang des Impfzentrums vorgearbeitet. Drinnen führte ein Security die Kontrolle durch, ob man auch wirklich angemeldet war. Die Dame vor mir hatte keinen Termin vereinbart. Ich dachte mir, wie kann man nur so naiv sein? Im Impfzentrum sah ich erst einmal nur viele wartende Menschen. Ein Security zeigte mir den Weg in einen Warteraum, wo noch zwei Stühle frei waren.
Der QR-Code
Alle paar Minuten kam ein Security in den Warteraum und stelle die Frage, wer bereits einen „QR-Code“ hat? Ich verstand dabei nur „Bahnhof“, was soll das für ein QR-Code sein? Leute mit solch einem Code durften ihm folgen.
Etwas später durfte ich dem Security auch ohne QR-Code folgen. Er führte mich zu einem Anmeldetresen. Dort wurden meine Daten geprüft und ich musste diverse Formulare unterschreiben. Jetzt bekam ich auch ein Formular mit einem QR-Code.😎
Nun durfte ich vor einer Tür warten, die in ein ehemaliges Krankenzimmer führte. Die Tür war mit „Impfkabine“ beschriftet.🤔
Die Anamnese
Nach etwa fünf Minuten wurde ich aufgerufen. In der „Impfkabine“ erwartete mich ein Arzt und an einem Computer ein junger Assistent. Auf dem Tisch lag bereits die für mich vorgesehene Impfspritze.
Der Arzt schaute sich meine Unterlagen an und stellte mir Fragen zu meinem Befinden. Dabei sagte ich unter anderem, dass ich nicht immer eine Frau war und deswegen Hormone einnehme. Sofort änderte sich das Gesicht des Arztes in das eines Überraschten. Er wollte genaueres zu den Medikamenten wissen. Ich reichte ihm die vorsorglich mitgebrachten Beipackzettel.
Das Risiko sei zu hoch
Der Arzt meinte jetzt, dass das Risiko zu hoch sei, mich wie vorgesehen mit dem Vaccine AstraZeneca zu impfen.😯 Meine Medikamente wären ja genauso, wie die Pille bei jungen Frauen. (wer es noch nicht gehört hat, bei einigen wenigen Frauen waren nach der Impfung Thrombosen aufgetreten).
Der Arzt rief mit den Worten „wir haben hier wieder eine Kontraindikation“ eine Ärztin aus dem Nebenzimmer herein. Ich sollte der Ärztin folgen. Sie änderte meine Daten und gab mir einen neuen Termin für den nächsten Tag, wobei ich mit dem Vaccine BionTech geimpft werden sollte.😥
Recht gehabt
Wieder daheim berichtete ich meinen Freundinnen von meinem nicht stattgefundenen „Impf-Erlebnis“. Sie hatten mich vorher gewarnt, dass ich mich keinesfalls mit dem Vaccine AstraZeneca impfen lassen solle. Ich hatte das jedoch relativ „schmerzlos“ gesehen, denn das Risiko an Covid zu erkranken ist viele tausendmal höher wie die potenziellen Nebenwirkungen. Jetzt hatten sie Recht gehabt.👍
„Nebenwirkungen“ ohne Impfung
Am Abend hatte ich noch eine Videokonferenz. Anschließend brummte mir der Schädel.😫 Wenn ich geimpft worden wäre, dann wäre wahrscheinlich bei mir Panik ausgebrochen, weil ich meine Erschöpfung als Nebenwirkungen der Impfung interpretiert hätte. Ich war jedoch nur ziemlich erledigt von der Aufregung und Arbeit des Tages.
Ein neuer Anlauf
Am nächsten Morgen ging es mir wieder besser. Zwei routinemäßige Arztbesuche standen zunächst auf meinem Plan. Dann am Mittag war mein neuer Impftermin. Aufgrund der Erfahrung des Vortages machte ich mich 10 Minuten früher auf den Weg. Wieder hatte ich Glück und die letzte freie Parklücke entdeckt.
Vor dem Impfzentrum traute ich meinen Augen nicht. Aber anders wie befürchtet, waren außer den Security-Leuten keine Wartenden zu sehen. Ich konnte gleich hineingehen, ohne Warten und ohne neue Formulare, direkt bis vor eine „Impfkabine„.
Warum standen am Vortag die Leute Schlange und heute waren fast keine da?
Eine neue Anamnese
Nach einem kurzen Moment wurde ich in die „Impfkabine“ hineingerufen. Eine Ärztin und der gleiche Assistent vom Vortag empfingen mich. Er hatte mich gleich wiedererkannt, was mich nicht weiter verwunderte, denn als Transfrau bin ich nun einmal etwas „besonderes“ 😉.
Die Ärztin nahm sich auffällig viel Zeit für mich. Anders wie am Vortag kam auch mein Tumor zur Sprache, wegen dem ich vor Jahren operiert wurde. Sie meinte, dass ich deswegen eigentlich in eine höhere Risikogruppe gehöre. Auch sprachen wir kurz über mein Buch.😎
Die Impfung
Jetzt sollte ich meinen Oberarm frei machen, den linken, weil ich Rechtshänderin bin. Von der Impfung habe ich absolut nichts gespürt. Ich sollte noch einen Moment lang einen Tupfer auf die Einstichstelle halten, was aber nicht wirklich notwendig war. Ich zog meinen Pullover wieder an, bedankte und verabschiedete mich vom netten Impfteam.
Die Ärztin empfahl mir eine Zeit lang im Wartezimmer zu sitzen, bevor ich heimfahre. Ich nutzte die Zeit für ein paar WhatsApp „I got my Vaccine“😊 an meine Freundinnen.
Jetzt sind neun Stunden seit der Impfung vergangen und ich spüre keine Nebenwirkungen. Anderes hatte ich auch nicht erwartet, denn es ist effektiv nichts anderes wie die jährliche Grippe-Schutzimpfung.
Warum könnte das alles nicht einfacher sein?
Die Ernüchterung
Jetzt habe ich meine erste Impfung. Nach etwa zwei Wochen soll ich gegen Covid ausreichend immun sein. In sechs Wochen ist der zweite Termin.
Aber was habe ich effektiv von der Impfung? Der Lockdown gilt derzeitg auch für mich weiter. Zu groß wäre der Neid der noch nicht geimpften. Aber wart ihr auch auf mein erhöhtes Risiko neidisch?
Es geht dabei nicht um Sonderrechte für bereits geimpfte, sondern um die Rückkehr zu den vom Grundgesetz garantierten Rechten.
Also muss ich weiterhin im Home-Office arbeiten und darf weiterhin kein Schwimmbad oder Restaurant besuchen.😔 Ich alleine habe während der letzten Monate geschätzte 1000€ „gespart“, weil Restaurants geschlossen waren. Zu gerne würde ich jetzt die notleidende Gastronomie unterstützen, aber das wird wohl erst wieder erlaubt sein, wenn der letzte Wirt pleite ist …