Track des Alpencross mit dem Liegerad
Alpenüberquerungen mit dem Mountainbike waren inzwischen zur Routine geworden. Deswegen zur Abwechselung ein Alpencross mit dem Tieflieger. Dabei sollte bewiesen werden, dass ein Trike nicht nur ein sehr bequemes, sondern auch ein sportliches Reisegefährt ist:
(Aufzeichnung des Radl Computers):
Tourverlauf: Start an der Haustür - Penzberg - Kochel - Walchensee - Mittenwald - Leutasch - Telfs - Oetz - Sölden - Timmelsjoch - Meran - Bozen - Brennerpass - Inntal - Achensee - Sylvenstein Stausee - Bad Tölz
Durch Penzberg, dann am Ufer der Loisach entlang bis Kochel. Dieser Abschnitt empfiehlt sich nur, wenn es ausreichend trocken ist, andernfalls versinkt man gnadenlos in den von der Landwirtschaft "frisch auf den Tisch" präsentierten Schlammlöchern.
Ab Kochel die Kesselbergstraße hoch. Es ist der erste richtige Anstieg dieser Tour. Aber ich benötigte nicht die kleinsten Gänge. Ab Einsiedel weiter auf der ausgeschilderten Radroute. Der Schotterweg lies schnell die Einsicht aufkommen, dass man auf der Straße erheblich schneller vorwärts kommt. Ab Krün auf Nebenstrecken in Richtung Barnsee bis Mittenwald.
Hinter dem Schmalsee zwingt mich oberhalb von Mittenwald ein hirnlos abgesicherter Bahnübergang zum Umkehren (Bild 2). Die Absperrung ist so eng, dass nur schlanke Fußgänger hindurch kommen, also wieder 500 m zurück um auf der Straße zu fahren. Im Zentrum von Mittenwald die erste Rast in einem Straßen-Café.
Die 100 Höhenmeter von Mittenwald bis zur Geisterklamm am Anfang des Leutaschtal erwiesen sich als extrem schweißtreibend. Das Leutaschtal (1050 m) zieht sich ewig hin (Bild 3). Am Ende geht es relativ steil bis auf etwa 1250 m zur Buchner Höhe hoch (Bild 4). Ein 600 Hm Downhill hinunter ins Inntal (Bild 5) bildet den Abschluss dieser Etappe. übernachtung in Telfs - das Hotel hatte ich von meiner letzten Tour in besserer Erinnerung ...
In Telfs über die Innbrücke und auf dem Inntal Radweg bis ötztal Bahnhof. In Thannrain konnte ich wegen der lausigen Ausschilderung den weiteren Verlauf des Radwegs nicht sofort finden, so dass ich über über Stams und die dicht befahrene Bundesstraße ins ötztal fuhr.
Im ötztal gibt es keinen wirklichen Radweg. Es ist ein "ötztal Mountainbike Trail" ausgeschildert. Dieser verläuft, wie der Name erwarten lässt, meistens auf unbefestigten Wegen und enthält einige extrem steile Abschnitte (Bild 6). Manchmal kam ich die Steigungen nur mit durchdrehendem Hinterrad hoch.
Mein Tagesziel war Sölden. Bei der Durchfahrt hatte ich den Eindruck, dass Sölden nur aus Hotels und Pensionen besteht. Die meisten waren zu dieser Jahreszeit geschlossen. Ich checke im "Grauen Bären" ein (empfehlenswert). Das Liegerad konnte ich im Skikeller abstellen, dass Zimmer war riesig und die Sauna nutzbar
Die Karte zeigt den interessantesten Abschnitt der Tour, die Timmelsjoch Straße. (Hier mit einem Ausschnitt der Aufzeichung dieser Tour in verschieden Karten des mobilen Navi- Programms KDR GPS Map).
Die Straße zum Timmelsjoch hinauf steigt von Sölden aus erst einmal gut an, um dann bis Zwieselstein wieder zu fallen. Der jetzt folgende Abschnitt war der schweißtreibendste der gesamten Tour. Im Bereich von Untergurgel (1790 m) kann man sich wieder etwas erholen, bevor es richtig hoch geht
An der Mautstelle (2170 m) darf man als Radfahrer an der Schlange der Autos und Motorradfahrer vorbei fahren. Ab der Mautstelle geht es wieder etwa 200 hm nach unten. Der Fahrtwind war eisig, aber das Umziehen lohnte sich noch nicht, denn die Passhöhe war noch lange nicht in Sicht.
Auf der Passhöhe wehte ein eisiger Wind. Das verschwitze Shirt musste schnellstens einer winddichten Jacke weichen. Nach den ersten 100 m Abfahrt die Erkenntnis, dass eine warme Jacke alleine nicht reicht. Also noch einmal anhalten um eine lange Hose und Handschuhe anzuziehen.
Auf dieser Strecke ist für Radfahrer eine Beleuchtungsanlage gefordert (siehe Timmelsjoch Hochalpenstrassen AG). Dies macht auch Sinn, denn in den unbeleuchteten Tunnels ist das Risiko zu hoch, dass man von Auto- oder Motorradfahrern übersehen werden könnte. Die Augen können sich nicht schnell genug an die Dunkelheit gewöhnen. Ich konnte trotz meines Power-LED Scheinwerfers die Schlaglöcher in den Tunnels nicht rechtzeitig erkennen. Man muss sich immer wieder über Rennradfahrer wundern, die dort ganz ohne Licht hindurch fahren ...
Der Downhill hinunter ins Passeiertal ist eine fast endlose Achterbahnfahrt. Dabei ist höchste Konzentration und eine vorausschauende Fahrweise angesagt um sauber die Spur zu halten und abrupte Bremsmanöver zu vermeiden. An den meisten Stellen geht es direkt neben der Fahrbahn fast senkrecht nach unten (Bild 12).
Ab St. Leonard kann man den Passeiertal Radweg benutzen. Er hat meistens einen Schotterbelag und wird von vielen Wanderern bevölkert. In Meran führen die ausgeschilderten Radwege überall hin ("alle Richtungen"), nur nicht auf dem kürzestem Weg zum Etschtal Radweg, was dann auch deutlich aus der Auswertung der GPS Aufzeichnung ersichtlich war. Es hätte sich wirklich gelohnt, sich vorher in Ruhe den Stadtplan anzusehen, als sich auf die Schilder zu verlassen.
Zwischen Meran und Bozen suchte ich ein Hotelzimmer. Dazu musste ich den Etschtal Radweg verlassen und durch die Orte fahren. Erst nach einer Stunde hatte ich in Vilpian Erfolg. Es war September und somit Hauptsaison!
Auf dem Etschtal Radweg weiter Richtung Bozen. Dies war ein Fehler, denn am Ende bei Sigmundskron muss ich etwa 15 Minuten lang vor einer geschlossenen Bahnschranke warten.
Bozen ist stolz auf sein Radwegenetz. Ich versuchte den Weg zum Bahnhof zu finden, denn dort beginnt der Radweg durch das Eisacktal. Als Ortsunkundiger sieht man jedoch nur Umleitungsschilder. Der Radweg zum Bahnhof ist zwar ausgeschildert, aber es kam mir vor, als wenn man im Kreis fährt. Der Eisacktal Radweg ist ab Bozen relativ neu und in einem guten Zustand - abgesehen von einigen Ortsdurchfahrten. In Klausen führt der Radweg direkt ins Zentrum. Ich nutzte die Gelegenheit, um mit dem Trike in ein Straßen-Café zu rollen.
Ab Brixen ist der ausgeschilderte Radweg unzumutbar. Er macht riesige Umwege und ist ab Vahrn eigentlich nur mit einem Mountainbike befahrbar. Ab dem Campingplatz war der Radweg wegen eines Murenabgangs gesperrt (Sept. 2009), so dass man sich den Weg zur Straße zurück selbst suchen musste. Wenn ich ab Brixen gleich die Straße benutzt hätte, dann wäre ich wohl schon 5 km weiter! Am Abzweig zum Pustertal kommt es einem als Radfahrer vor, als wenn man sich auf einer Autobahn verirrt hat.
Auf dem weiteren Abschnitt ist der Radweg noch mehrmals auf Grund von Murenabgängen unpassierbar. Erst ab Franzensfeste konnte ich wieder problemlos fahren. Da der Radweg ständig bergauf und bergab führt (Bild 15), muss man etwa doppelt so viele Steigungen erklimmen, wie es auf Grund der natürlichen Gegebenheiten notwendig wäre. Aber Radfahrer sind Sportler! Ab Stilfes führt der Radweg schnurgerade parallel zur Autobahn bis Sterzing. In Sterzing gibt es ausreichende Möglichkeiten zum übernachten.
Als ich am Morgen in Sterzing mein Trike aus der Hotelgarage hole, wartet eine böse überraschung auf mich: ein Vorderradreifen ist platt. Gut, dass ich einen Ersatzschlauch dabei habe. Der Grund für den Plattfuß ist nicht klar ersichtlich. Aber ich erinnere mich, dass der Radweg an einer Stelle zwischen Bozen und Brixen auf Grund von Mäharbeiten an der Böschung mit Dornenzweigen "verseucht" war ... (einige Tage nach der Tour war der Reifen wieder platt, erst dabei hatte ich den Dorn im Reifen gefunden).
Die Strecke über den Brennerpass ist eigentlich ein Alptraum für Radfahrer! 2009 gab es von Sterzing bis Innsbruck keinen Radweg, was dazu führte, dass sich hinter mir oft eine Autoschlange bildete. Genau ab dem Brennerpass setzte Regen ein. Unter einer Autobahnbrücke zog ich die Regenklamotten an. Die weitere Fahrt glich der Durchfahrt einer Waschstraße, schon allein wegen der relativ hohen Geschwindigkeit, da es fast nur bergab geht. Um das Risiko von Autofahrern übersehen zu werden zu verringern, schalte ich lieber die Beleuchtung ein.
Im Bereich von Matrei ein endloser Autostau. Da auch kein Gegenverkehr sichtbar ist, fahre ich vorsichtig an den etwa hundert Autos und Motorrädern vorbei. Auch in Gegenrichtung ein ewig langer Stau. Erst als es ab Schönberg in Serpentinen nach Innsbruck hinunter geht, hatte mich die aufgestaute Kolonne eingeholt und sich hinter mir versammelt.
Oberhalb von Innsbruck verlasse ich die Bundesstraße und fahre über die Bergisel Straße direkt an der Sprungschanze vorbei hinunter nach Innsbruck. Unten in Innsbruck fahre ich einfach immer Richtung Osten. Irgend wann finde ich den Inntal Radweg. Der aber führt über viele Umwege im Zick-Zack Kurs durch die Felder im Inntal. Zwischendurch eine kleine Mittagspause an einer Imbissbude.
In Jenbach hatte es endlich aufgehört zu regnen, so dass ich die Regenklamotten wieder ausziehen konnte. Dies war auch notwendig, denn die Auffahrt zum Achenpass (970 m) ist von Jenbach (560 m) aus recht steil und anstrengend.
Endlich oben am Achensee. Aber hier kann von Erholung für Radfahrer keine Rede sein. Wenn man wie ich von Süden kommt, dann ist der Uferweg plötzlich für Radfahrer gesperrt, obwohl es hier einen Radweg "Tirol-Vital-Route" geben soll. Die Ausschilderung ist chaotisch, also weicht man besser gleich auf die Straße aus. Nach ein paar Kilometern ist die Straße für Radfahrer gesperrt, so dass man wieder auf dem Uferweg ausweichen muss. Hier darf man sich zwischen vielen Fußgängern und parkenden Autos durchschlängeln. Ich hätte ja gerne in einem Café eine Pause gemacht, aber die ärgerliche Strecke war nicht wirklich einladend!
Den weiteren Verlauf des ausgeschilderten Radweges "Via Bavarica Tyrolesis" sollte man als Fernradler ignorieren, da er nicht direkt zum Sylvenstein-Stausee führt. Erst ab dem Staudamm (Tunnel) führt ein guter Radweg bis kurz vor Lenggries. Es empfiehlt sich in Lenggries über die Brücke auf die linke Seite der Isar zu wechseln und so über Arzbach bis Bad Tölz zu fahren. Der rechtsseitige Radweg an der Isar ist entweder wegen vieler Fußgänger oder bei Regen wegen der Schlamlöcher für Radfahrer unzumutbar.
Nach etwa 10 Stunden und 170 km Fahrt kam ich zu Hause an. Hinter mir lag eine Tagestour, für die normale Radler meist 3 Tage benötigen. Dank des bequemen Liegerads war diese lange Strecke aber keine Tortur ...
Das Bild rechts zeigt eine Auswertung der Tour. Die Aufzeichnung wurde auf etwa 2500 Punkte reduziert, wobei Umwege und nicht empfehlenswerte Abschnitte entfernt wurden. Die Datei Liegerad-Alpencross.zip enthält die Tour im GPX Format.
Man kann mit einem Liegerad problemlos einen Alpencross fahren - solange man dabei auf Straßen und Radwegen bleibt.
Hierzu empfehlen sich die typischen Rennradfahrer Routen. Während der gesamten Tour musste ich zweimal umdrehen weil Absperrgitter (Bild 2) oder Treppenstufen das Weiterfahren unmöglich machten.
Mit durchschnittlich 110 km und 1200 Höhenmetern pro Tag war ich wohl auch relativ sportlich unterwegs. Das beste war die Tatsache, dass ich nach diesen 540 km in bester körperlicher Verfassung war. Ich hätte die Tour sofort wiederholen können, doch wer hat schon so viel Urlaub ...