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Die Bremsen und Fahrtechnik

Vorwort

Die besten Bremsen (und das teuerste Bike) sind relativ nutzlos, wenn man nicht die Grundlagen der Fahrtechnik beherrscht.

Fahrtechnik

Das Bild zeigt einen extremen Downhill auf La Palma. Die Reifen graben sich tief in die Lava, so dass der kleinste Fahrfehler unweigerlich zum Sturz führen würde.

  • Es sollte selbstverständlich sein, dass man auf steilen Downhills den Sattel ganz tief stellt - der wahre Sinn des Schnellspanners an der Sattelstütze - und das Körpergewicht so weit wie nötig nach hinten verlagert, so dass der Schwerpunkt im Bereich der Pedale bleibt. Hierdurch wird nicht nur die Bremsleistung besser auf beide Räder verteilt, sondern auch das Vorderrad so weit entlastet, dass das Bike lenkbar bleibt.
  • Weiterhin sollte in Fleisch und Blut übergehen, dass man die Bremsen feinfühlig bedienen sollte. Auf losem Untergrund kann das Blockieren des Vorderrades nur durch feinfühligstes Bremsen verhindert werden. Hierzu sollte man den Bremsgriff maximal mit den Zeige- (und Mittelfinger) umschlingen. Hilfreich ist es, wenn die Bremsgriffe weiter innen an der Lenkstange montiert werden um "alte Gewohnheiten" zu unterdrücken. Dieser Tipp gilt primär für hydraulische Scheibenbremsen mit großen Durchmesser. Andere Bremsen haben keine eine derartig "brutale" Bremswirkung.
  • Man sollte auf einem freien Platz üben, mit der Vorderradbremse so stark zu bremsen, bis das Hinterrad ein paar Zentimeter hochkommt und man diese Situation durch Loslassen der Bremse wieder sicher entschärft, oder einige Meter so weiterfahren kann. Dabei zur Sicherheit stets einen Helm und Protectoren tragen! Der Könner fährt nur auf dem Vorderrad oder versucht möglichst lange auf der Stelle das Gleichgewicht zu halten.

Das Hinterrad blockiert beim Überbremsen mit dem Erfolg, dass das Bike nicht mehr exakt lenkbar ist. Wer so auf Downhills unterwegs ist, der beweißt nur, dass er keine Ahnung von der MTB Fahrtechnik hat! Es besteht nicht nur ein höheres Pannen-Risiko, weil die Reifen sind schneller ein Fall für die Tonne sind. Die im Gelände zurück gelassenen Spuren schaden allen Bikern! Derartige Spuren sind die Argumente, die dazu führen, dass das Biken immer mehr eingeschränkt wird. Deshalb bitte stets mit Hirn bremsen! Ein wesenliches Argument ist aber auch, dass man sich mit derartigen Manövern die Gelegenheit zum Üben der Bike-Beherrschung nimmt.

Eine weitere Dummheit ist es einhändig zu fahren. Bereits beim leichten Bremsen wird der Lenker zwangsläufig verdreht und so ein Abstieg über den Lenker eingeleitet.

Keine Experimente! Bedenkenswerte Erfahrungen

Das folgende Erlebnis hatte dem Autor einen gewaltigen Andralinstoß versetzt. Es zeigt aber auch wie wichtig es ist, sich gerade bei Bremsen auf keine Experimente einzulassen:

Auf Grund der Empfehlung eines Händlers hatte ich mir in meine SHIMANO Scheibenbremsen als Ersatz 'No-Name' Bremsbeläge eingebaut. Von Anfang an fühlten sie sich beim Bremsen so rau an, als wenn man mit einem Schleifstein bremst, sie neigten bei höherer Bremsleistung zum Quietschen und hatten eine spürbar geringere Bremswirkung. Dies war wenige Tage vor einem geplanten Bike Urlaub, so dass ich keine Alternative hatte. Während der ersten längeren Tour auf Teneriffa im Nov. 2005 habe ich auf einer sehr steilen Abfahrt gerade noch rechtzeitig das fast vollständige Versagen der Vorderradbremse bemerkt. Die Bremsscheiben sahen schwarz und verschmiert aus. Am folgenden Tag habe ich mir sofort wieder Original Bremsbeläge organisiert und eingebaut. Die Bremsen funktionierten nach dem Reinigen der Bremsscheiben wieder ohne Geräusche und mit der gewohnten Zuverlässigkeit. Die Ursache war wohl eindeutig!

Generell muss aber immer beachtet werden, dass auch Original-Bremsbeläge vorsichtig eingefahren werden sollten. Sie müssen sich an die (bereits teilweise abgenutzten) Bremsscheiben anpassen, bevor sie die volle Bremsleistung erreichen.

Und noch etwas: Experimente oder Improvisationen mit anderen Bremsscheiben, Bremsbelägen, Montageadaptern und anderen Teilen der Bremsen können lebensgefährliche Folgen haben. Alle Schrauben müssen mit den richtigen Drehmomenten angezogen werden. Merke: nach fest kommt ganz lose. Sie müssen sorgfältig gesichert sein und regelmäßig überprüft werden. Es ist wohl ein Alptraum, wenn beim Downhill die Bremsen davon fliegen ...

Felgen- oder Scheibenbremsen?

Für Wenigfahrer oder für die Fahrt zum Bahnhof reichen Felgenbremsen. Sie sind auf jedem Fall preiswert. Felgenbremsen haben unter rauhen Einsatzbedingungen einen so starken Verschleiß, dass man auf langen Touren (Transalp) Ersatzbremsklötze dabei haben sollte. Hierbei werden auch die Laufräder (Felgen) stark abgeschliffen. Als Vielfahrer sollte man deshalb regelmäßig die Dicke der Felgenflanken prüfen (lassen) bevor diese eines Tages nur noch papierdünn sind und im ungünstigsten Moment brechen und zu einem Unfall führen.

Wenn es feucht und schlammig zugeht, haben Scheibenbremsen eine eindeutig zuverlässigere Bremswirkung. Im Gegensatz zu Felgenbremsen kann man bei Scheibenbremsen sogar beim Fahren auf Schneematsch Bremsleistung erwarten. Scheibenbremsen neigen kaum zum Rubbeln und Quietschen. Wenn Scheibenbremsen aber dennoch quietschen (oder andere Geräusche von sich geben), dann ist dies ein Warnzeichen dafür, dass da etwas nicht stimmt! Mit lauten Bremsen sollte man keinen Downhill starten! Im einfachsten Fall sind die Bremsscheiben nur nicht sauber oder z.B. feucht, bzw. es hat sich nach der Winterpause eine Oxyd-Schicht gebildet. Hier hilft meistens vorsichtiges Einbremsen. Nach ein paar hundert Metern sollte dann Ruhe einkehren und die gewohnte Bremswirkung wieder da sein.

Last but not least, mit Scheibenbremsen lassen sich die Laufräder mit den MTB-typisch dicken Reifen einfacher ein- und ausbauen. Was bei Felgenbremsen durch die Bremsklötze behindert wird und das Luftablassen, Aushängen der Bremsseile oder Entriegeln der Bremsmechanik notwendig macht.

Es werden auch hydraulische Felgenbremsen angeboten. Sie haben jedoch keine echten Vorteile. Dagegen haben sie die Nachteile aller Felgenbremsen, das heißt die schlechte Wirkung bei verschmutzten Felgen (durch Schlamm, Regen oder Schneematsch) sowie der Felgenverschleiß. Deshalb sollte man sich - auch mit Blick auf die Kosten - lieber gleich für hydraulische Scheibenbremsen entscheiden.

Mechanische oder hydraulische Bremsen?

Mein erstes Mountainbike war zunächst mit mechanischen Scheibenbremsen ausgerüstet. Die Ernüchterung kam aber sehr schnell. Die Mechanik war zu unpräzise und nicht robust genug für den harten Outdoor Einsatz. Die Bremsbeläge nutzten sich schief ab und mussten deswegen relativ häufig erneuert werden, wobei die Bremsbeläge auch noch unverhältnismäßig teuer waren. Effektiv waren die mechanischen Scheibenbremsen nicht kostengünstiger wie hydraulische.

Die Umrüstung des Bikes auf hydraulische Scheibenbremsen war eine logische Konsequenz, die dann auch nur Vorteile hatte. Hydraulische Scheibenbremsen erlauben ein sehr feinfühliges Bremsen, was unter schwierigen Bedingungen, wie z.B. beim Downhill auf Schotter, ein echter Sicherheitsgewinn ist. Das unbeabsichtigte Blockieren der Räder gehört der Vergangenheit an. Die Bedenken bezüglich empfindlicher und undichter Hydraulikleitungen haben sich beim Autor als unbegründet erwiesen. Die Hydraulikleitungen sind sogar erheblich wartungsfreier wie Baudenzüge mechanischer Bremsen. Wer auch bei winterlichen Temperaturen mit dem Bike unterwegs sein will, der sollte auch bedenken, dass irgendwann Wasser in den Baudenzügen gefrieren kann und somit die Bremsen blockiert sein könnten.

Scheibenbremsen - welche Größe

Scheibenbremsen gibt es mit verschiedenen Durchmessern. Scheiben mit Ø160 mm Durchmesser sind ausreichend sofern man keine langen und steilen Downhills an einem Stück fährt (Richtwerte: >100 Höhenmeter bei >15% Gefälle) und der Biker selbst kein Schwergewicht ist.

Es ist generell ein Vorteil, wenn am Vorderrad eine größere Scheibe (>= Ø180 mm) montiert ist, weil die vordere Bremse (auf festem Untergrund) stets die Haupt-Bremsarbeit leisten muss. Dagegen hat eine größere Scheibe am Hinterrad keinen echten Vorteil, denn das Hinterrad neigt so nur schneller zum Blockieren. Anders ist das beim Downhill auf Trails. Hier kann eine Ø160 mm Scheibe bei schweren Bikern an ihre Grenzen kommen, da man oft nur mit der Hinterradbremse "arbeiten" kann um das Vorderrad lenkbar zu halten.

Der Autor verwendet zur Zeit am Vorderrad eine Ø203 mm und am Hinterrad eine Ø160 mm große Bremsscheibe. Diese Kombination hat sich (auf festen Untergrund) wegen der optimalen Verteilung der Bremsleistung bewährt. Große Bremsscheiben haben ein erheblich aggressiveres Bremsverhalten (siehe Fahrtechnik) und sind dazu auch empfindlicher gegenüber Beschädigungen, wie sie zum Beispiel bei Stürzen oder beim Transport des Bikes auftreten können.

Scheibenform: gelochte Bremsscheiben sind bei allen Herstellern der Standard. Die Löcher haben die Aufgabe, dass sich die Scheiben und Bremsbeläge schneller reinigen. Schlamm, Staub oder kleine Steinchen können sich sonst zwischen Scheibe und Bremsbeläge festsetzen und die Bremsleistung reduzieren. Einige Bremsscheiben besitzen einen welligen Umfang was diesen Effekt noch einmal verbessern soll. Der Autor hat inzwischen sehr gute Erfahrungen mit der AVID Clean Sweep Bremsscheibe gemacht. Diese neigt unter feuchten Bedingungen nicht zum Quitschen und hat deshalb bei schlechten Wetter eine deutlich bessere Bremswirkung.

Bremsen - Wartung der hydraulischen Bremsen

Dennoch sollte man (bei normaler Beanspruchung) mindestens einmal jährlich den Bremsflüssigkeitsvorrat prüfen. Man sollte absolut misstrauisch werden wenn sich die Bremsgriffe plötzlich weiter wie gewohnt durchziehen lassen! Zum Nachfüllen darf man (eigentlich logisch) nur die Originalbremsflüssigkeit des Bremsenherstellers verwenden (meistens ein Spezialöl). Bei demontiertem Laufrad sollte man niemals (!) die Bremsgriffe betätigen, da sonst die Bremskolben zuweit heraus gedrückt werden könnten. Zum Transport des Bikes (mit ausgebauten Laufrädern) sollte man ein scheibendickes Kunststoff- oder Holzstück zwischen die Bremsklötze stecken. Wenn man die Bremsen selbst montiert hat, dann sollte man die entsprechenden Abstandshalter für diese Zwecke aufbewahren.

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